Der Begriff „Reifelagerung“ wird im Hinblick auf Habanos für die Beschreibung des Prozesses verwendet, der nach Fertigstellung einer Cigarre stattfindet. Denn Tabak ist ein lebendes Produkt, das aufwändiger und vor allem richtiger Lagerung und Betreuung bedarf, um sein Potenzial auch noch über Jahre hinaus zu entfalten.

Die vier Phasen der Cigarrenreifung

Man unterscheidet vier verschiedene Phasen der Cigarrenreifung: die sogenannte „sick period“ (die kranke Phase), die erste, die zweite und die dritte Reifung. Als „sick period“ wird die Periode bezeichnet, in der Ammoniakdämpfe, die während der Fermentation des Tabaks entstanden sind, in der Cigarre freigesetzt werden. Dies passiert nach einiger Zeit bei frisch hergestellten Cigarren. Durch Auslüften der Cigarren oder wenn sie etwas höheren Temperaturen ausgesetzt sind, verflüchtigt sich der Ammoniak-Geschmack schneller. In der Regel sind 90% des Ammoniaks in den ersten Monaten verschwunden, nach einem Jahr kann man davon ausgehen, dass sich 95% bis 99% der Ammoniakdämpfe verflüchtigt haben, am Ende des zweiten Jahres spätestens sind die Cigarren von Ammoniak frei. Dies erklärt den Hinweis, den man auch heutzutage noch auf einer Kiste „Rafael González“ findet, nämlich dass man die Cigarren entweder sofort rauchen, ansonsten aber mindestens ein Jahr liegen lassen soll.

Die erste Reifung

Die erste Reifung ist das Resultat fortgesetzter biochemischer Reaktionen, die weiter in der Cigarre stattfinden. Der Geschmack der Cigarre scheint nachzulassen, die Bitterkeit und damit auch der Nikotingehalt verringern sich aufgrund von Verdunstung, Oxidation und anderen chemischen Reaktionen. In der Zeit der ersten Reifung bezeichnen viele den Geschmack der Cigarre aber noch am „vollsten“. Das genaue Alter der Cigarren zu bestimmen, die sich in dieser Reifung befinden, differiert von Cigarre zu Cigarre und je nach Marke, Format und Packart.

Die zweite Reifung

Die zweite Reifung ist das Resultat der Verminderung der Tannine. Junge Cigarren haben oft einen sehr gerbstoffreichen Geschmack, man bezeichnet ihn auch als „trocken“, „grün“ oder „hart“. Bei Tanninen handelt es sich um natürliche Bestandteile der Pflanze. Tannine verringern sich mit dem Alter, das heißt, die PolymerStruktur zerfällt in kürzere Ketten oder einzelne Phenol-Moleküle. Cigarrenraucher, die eine Cigarre, die die zweite Reifung absolviert hat, probieren, bezeichnen ihren Geschmack als sehr weich, ausgereift, klassisch und elegant.

Die dritte Reifung

Die dritte Reifung ist wiederum das Ergebnis weiterer chemischer Reaktionen der Cigarren. Es handelt sich hierbei um Cigarren, die mindestens zwanzig Jahre unter optimalsten Bedingungen gelagert wurden. Das Aroma solcher Habanos lässt sich schwer beschreiben, einige beurteilen ihn als einzigartigen Geschmack. Erstaunlicherweise findet bei maschinell hergestellten Cigarren diese dritte Reifung nicht statt, dies könnte man also auch als das „Mysterium“ der handgerollten Habano bezeichnen.

Es bleibt Geschmackssache

Allerdings kann man nicht verallgemeinern, dass eine Cigarre, je älter sie ist, desto besser schmeckt. Es bleibt trotzdem Geschmackssache, wie man die Cigarre am liebsten mag, also „schmeckt“. Der Prozess der Reifelagerung einer Cigarre erfordert allerdings optimale Lagerungsbedingungen, wie man sie im privaten Rahmen über so viele Jahre hinweg oft nicht garantieren kann.
Für die Einlagerung von Cigarren über mehrere Jahre empfiehlt sich deshalb ein Fachgeschäft. Zu beachten ist außerdem, dass nicht alle Cigarren das gleiche Reifelagerungspotential aufweisen.

Text- und Bildquelle: 5th Avenue